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AUSSTELLUNGSFOTOS/AKTUELL

Eröffnungsrede „Amour et création – Liebe und Schöpfung“
Amour e creatio


Es ist mir eine ganz persönliche Freude, die Ausstellung „Amour et création – Liebe und Schöpfung“ gemeinsam mit Marie-Claire Lafosse und Thorsten Freye zu eröffnen.
Mit der Ausstellung blicken die beiden auf die letzten fünf Jahre ihres gemeinsamen Lebens und Schaffens zurück. Wenn ich persönlich durch die Ausstellung schreite, blicke ich sogar fast 10 Jahre zurück. Als ich zum Studium das erste Mal in Braunschweig aufschlug, war Thorsten Freye für mich einer der ersten Hafen für meine eigenen künstlerische Lehre. Mit seiner Art war er aber nicht nur Lehrer und Künstler für mich, sondern wurde auch ein Freund und Kollege.
Durch seine Aufgeschlossenheit für die Kunst ist er für viele ein unschätzbarer Gesprächspartner und zog schon so viele andere Kreativköpfe an. Wahrscheinlich ist es genau diese Art, die auch Marie-Claire angezogen hat.
Ich weiß noch ganz genau, wie Marie-Claire eine meiner ersten Tintenzeichnungen beäugte, die ich bei Thorsten im Aktzeichenkurs angefertigt hatte. Mit ihrer liebevollen und zugleich befürwortenden Art ermutigte sie mich, weiter mit dem Medium zu proben. So durfte ich beide hautnah in ihren jeweiligen künstlerischen Lebensräumen kennenlernen, und erfuhr schon dort ihre grundlegenden Unterschiede und zugleich ihre gemeinsame Stärke, dass sie Kunst und Künstlerkollegen unablässig fördern und anhalten. Und diese Essenz ihrer Charakterzüge bündelt sich vor allem in ihren Werken, welche hier in unseren Räumlichkeiten sich als Dialogpartner das erste Mal gegenüberstehen.
 
Auch wenn sie sehr viele Gemeinsamkeiten und Anknüpfungspunkte haben, so unterscheiden sie sich in ihrer Ausdrucksweise grundsätzlich. Die Temperamente spielen miteinander im Ausstellungsraum; führen einen Konsens fort und bewegen sich dennoch auf unterschiedliche Ziele zu, verlieren sich aber dennoch nie im begrenzenden Gegensatz.
Zum einen haben wir hier den kritisch, objektivierenden Blick, welcher sein Sujet in Klänge von Farben und Licht seziert. Zum anderen haben wir den ästhetisierenden, vielleicht auch idealisierenden, milden Blick, der das Objekt der Betrachtung in einen erhebenden und zugleich befürwortenden Farbkontext überführt, und das Dargestellte von seiner besten Seite zeigt. Es klingt vielleicht banal, aber am einfachen lässt sich sagen, dass hier eine Spanne zwischen den verschiedenen Facetten von subjektiver und objektiver Malerei aufgetan wird. 


Möchte man es auf die Thematik von Partnerschaft übertragen, dann wird hier das Weibliche mit dem Männlichen vereint. Themen wie Sehnsucht, Partnerschaft, Erinnerungen und Erlebnisse werden sowohl mit dem maskulinen wie auch dem femininen Blick beleuchtet.
Doch wird dies nicht über den Bildinhalt, sondern über die Ausdrucksweise verhandelt. Selbst wenn beide sich einer naturalistischen Malweise bedienen, so unterscheiden sie sich im Auftrag, in der Form, im Fokus und schließlich in der ganzen Technik. Egal, ob Landschaft, Porträts oder Akte, es liegt an uns die Handschrift zu entziffern und den Autor oder die Autorin zu entlarven. 

Am ehesten finden wir die gemeinsamen Erlebnisse des Künstlers und der Künstlerin, wenn wir uns vor Augen führen, dass sie sich die Erfahrungen teilen und dennoch mit unterschiedlichem Blick das Gesehene instinktiv auf Grundlage von Fotos rekonstruieren. Je nach ihren eigenen Potenzialen erschaffen sie Kunstwerke, die einen eigenen Pol zum anderen darstellen. Doch lassen sie sich durch die eigene emotionale Bandbreite nicht einschränken, sondern ziehen den jeweils anderen als Partner heran, wodurch auf natürliche Art und Weise der weibliche oder der männliche Anteil aufeinandertreffen. Es potenziert die Kreativität und öffnet den Zugang zu einer weiteren Intuition. Es ist ein nährendes Licht auch im malerischen Sinn, wenn das weibliche mit dem männlichen souverän Hand in Hand am Schaffensprozess beteiligt ist.

In der Alchemie des 16. Jahrhunderts ging man davon aus, dass ein Schaffensprozess erst ermöglicht wird, wenn Eros und Logos sich gegenseitig lehren und verbinden, und Stoffe erst selbstwirksam werden, wenn sie sich im anderen selbsterfahren. Die Elemente führen erst zu einer neuen Kreation, wenn beide Pole im Gleichgewicht schwingen. Eine integrale Bewusstseinswerdung wäre im Geiste dann möglich, wenn der eine sich im anderen erkennt.
In den Kunstwerken finden wir das Glück, dass dieser Prozess ohne Wort für uns neue Aspekte im eigenen Verständnis von Partnerschaft und einem gemeinsamen Schaffensprozess eröffnen kann. Unsere Blicke, egal welchen Geschlechtes, werden gleichermaßen aktiviert und gefesselt und geben uns Raum zum Staunen und ermutigt uns zur eigenen Entfaltung.

Hier werden keine alten Mythen und Geschichten vom Weiblichen oder Männlichen erzählt, sondern ein neues Zusammenspiel vorgetragen. Die Sehnsucht nach Partnerschaft wird hier in einem allumfassenden Schaffensprozess erprobt, egal ob auf Reise, im Gesicht des anderen oder auch im Erotischen. Die verblüffenden Unterschiede und die darunterliegende Einheit erkennen wir an und unter dem Namen der Liebe dürfen wir an der Schöpfung teilhaben.

In diesem Sinne ist die erste Ausstellung des Jahres im Kumulus KufA Haus eröffnet und ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Teams viel Freude.   

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